Cannabis als Medizin im Straßenverkehr

In der vergangenen Woche hatte ich die Möglichkeit, mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht über meinen Fall zu sprechen. Wir haben gemeinsam mal durchgesponnen, wie sich Cannabispatienten bei einer Verkehrskontrolle verhalten sollten um nicht Gefahr zu laufen, ihren Führerschein abgeben zu müssen.

Grundsätzlich sollte man sich als Patient genau überlegen, ob man sich fahrtauglich fühlt oder nicht… Ein verantwortungsvolles Handeln den anderen Teilnehmern im Straßenverkehr gegenüber muss die höchste Priorität haben. Denn spätestens bei einem Unfall kann man sich nicht mehr darauf berufen, Cannabis als Medizin eingenommen zu haben! Aber es gibt auch Situationen im Straßenverkehr, in denen man als Cannabispatient ohne ein Fehlverhalten in eine allgemeine Verkehrskontrolle gerät!

Nachdem die Personalien aufgenommen wurden, kommt meistens die Frage nach Alkohol und Drogen und häufig wird verlangt, einem Drogenschnelltest zuzustimmen. Das sollten alle Cannabiskonsumenten ablehnen, egal ob Patient oder nicht! Die Polizei nimmt auch Patienten direkt den Führerschein ab, wenn dieser Test positiv ausfällt, die lassen das lieber erst von einem Gericht überprüfen, bevor sie uns helfen bzw. weiterfahren lassen würden! Wenn man den Test ablehnt könnte es passieren, dass eine Blutprobe angeordnet wird, die dann auch meistens nicht mehr abzuwenden ist. Der Vorteil einer Blutprobe für Konsumenten ist, dass das Ergebnis in der Regel erst nach 6 Wochen vorliegt und man somit seinen Führerschein nicht sofort entzogen bekommt!

Es macht für Patienten  im Straßenverkehr meistens keinen Sinn, mit der Ausnahmegenehmigung der Bundesopiumstelle zu argumentieren, denn wie schon gesagt lassen  Polizisten die Situation durch ihr fehlendes Wissen lieber vom Richter klären und auch den Arzt bei der Blutentnahme dürfte die Bescheinigung nicht wirklich interessieren, da er sowieso schon die Anordnung bekommen hat, Blut zu saugen. Bei Patienten dürfte das Testergebnis den Grenzwert für den Straßenverkehr deutlich übersteigen, daher gibts nach circa 6 Wochen einen Bußgeldbescheid ins Haus und gleichzeitig wird das Straßenverkehrsamt informiert. Gegen den Bußgeldbescheid muss man dann Widerspruch mit der Ausnahmegenehmigung als Begründung einlegen, dem dann auch stattgegeben werden sollte, aber dem Straßenverkehrsamt wird das vermutlich nicht genügen.

In so einem Fall werden sie von dem jeweiligen Patienten ein Gutachten verlangen, in dem die Fahrtauglichkeit unter Cannabiseinfluß bestätigt wird. Ich habe meine Fahrtauglichkeit sofort überprüfen lassen, als ich meine Ausnahmegenehmigung bekommen habe, daher kann ich ohne Angst meinen Führerschein zu verlieren ein Kraftfahrzeug führen. Allen anderen Cannabispatienten empfehle ich ebenfalls, schon im Vorfeld ein Gutachten erstellen zu lassen, denn wenn das Straßenverkehrsamt erstmal Kenntnis von der Medikamenteneinnahme hat, wird es auf ein Gutachten bestehen und man hätte dann die Unsicherheit und den Druck, diese „MPU“ bestehen zu müssen.

Ich könnte in so einem Fall direkt mein schon „bestandenes“ Gutachten vorzeigen, wobei der bürokratische Aufwand für mich bis dahin auch nicht zu unterschätzen wäre. Daher werde ich mich auch weiterhin möglichst unauffällig im Straßenverkehr verhalten und mir genau überlegen, ob ich mich fahrtauglich fühle oder doch besser das Auto stehenlasse!

Weitere Informationen zum Thema Cannabis als Medizin im Straßenverkehr findet Ihr auf der Seite der IACM

Mein Tag bei der Kundgebung „Menschenrechte von Cannabispatienten achten!“

Ich gehe davon aus und hoffe auch sehr, dass Ihr viele interessante Berichte zur gestrigen Kundgebung in Bonn lesen werdet, trotzdem und gerade deshalb möchte ich Euch den Tag aus meiner Sicht nicht vorenthalten.demo1

20. Juni 2013: Pünktlich um 8 Uhr ging es los, erst quer durch die Stadt, um Stefan Müller einzusammeln und dann weiter nach Werl und nach Arnsberg, bis der letzte Platz im Auto besetzt war. Ich hätte gut und gerne doppelt so viele Leute mitbringen können – Anfragen gab es genug – aber leider ließ sich kein zweites Fahrzeug, geschweige denn ein zweiter Fahrer finden. 😦 Gegen viertel nach Zehn waren wir dann (endlich) bei strahlendem Sonnenschein auf der Autobahn in Richtung Bonn, aber es dauerte nicht lange, bis sich der Himmel stark verdunkelte. Die ersten Regentropfen entwickelten sich zu einem riesigen Unwetter, es donnerte und blitze und als wir um viertel vor zwölf in Bonn angekommen waren, fielen zeitweise murmelgroße Hagelkörner vom Himmel! Es hat eine Stunde gedauert, bis der Regen nachließ und wir uns aus dem Auto wagten, obwohl der Weg vom Auto bis ins Trockene nur max. 10 m lang war.

Dr. Grotenhermen hatte mich gebeten, ihm am Hotel in einem Vorort von Bonn vor der Kundgebung zu helfen, daher war unsere erste Anlaufstelle nicht gleich der Robert Schumann Platz vor der Bundesopiumstelle. Am Hotel verlief alles ohne Komplikationen (dem Himmel sei dank :)) und so waren wir pünktlich ein paar Minuten vor Beginn der Kundgebung vor Ort. Leider hat das Unwetter wohl auch Teile des Bonner Hauptbahnhofs unter Wasser gesetzt bzw. den gesamten öffentlichen Nah- und Fernverkehr über weite Strecken lahmgelegt, was vielen Teilnehmern zum Verhängnis wurde und sie entweder erst sehr verspätet oder gar nicht anreisen konnten. Den Beileidsbekundungen nach zu urteilen, die ich bisher gelesen habe, gehe ich davon aus, dass die Veranstalter von ACM und SCM (mit großartiger Unterstützung des Cannabis Colonia e.V.) getrost die drei-bis vierfache Menge an Teilnehmern hätte erwarten dürfen, wenn das Wetter im Vorfeld der Demo mitgespielt hätte!

Nichts desto trotz war die Kundgebung ein wundervolles Ereignis bei dem das Wetter traumhaft war, aber zugleich macht es mich sehr nachdenklich, wenn ich das Leid anderer Patienten sehe. Mir geht es nicht gut und ich bin froh mit meiner Ausnahmegenehmigung Cannabis als Medizin nutzen zu können, aber im Vergleich zu vielen Patienten, die ich in Bonn kennenlernen demo3durfte, darf, will und werde ich mich nicht beklagen. Ganz im Gegenteil, ich bin dankbar und froh über mein Schicksal und fühle mich seit gestern bestärkt, alles in meiner Macht stehende (ist zwar nicht viel, aber immerhin etwas) dafür zu tun, dass viel mehr Menschen mit schweren Erkrankungen Cannabis als Medizin zugänglich gemacht wird. Obwohl gestern die Leiden der Cannabispatienten zum ersten Mal der Öffentlichkeit wirklich sichbar gemacht wurden, ist dies natürlich nur ein ganz kleiner Anteil von dem Leid, dass tatsächlich vorherrscht. Denn die Patienten, die Cannabis am nötigsten haben, konnten aus gesundheitlichen Gründen erst gar nicht an der Kundgebung teilnehmen oder aber sie wissen noch gar nicht, dass ihnen Cannabis als Therapiealternative zur Verfügung steht! Bisher habe ich „Stärke“ und „Leid“ immer als Gegensätze betrachtet, aber diese Kundgebung hat mich eines Besseren belehrt! In Bonn habe ich eine Gruppe von starken Menschen und beeindrucken Persönlichkeiten kennengelernt, die gemeinsam für eine wichtige und richtige Sache kämpfen, obwohl jeder Einzelne sein persönliches Schicksal zu tragen hat. Unter dem Motto „Sie ziehen uns aus bis auf das letzte Hemd“ haben alle Patienten deutlich gemacht, dass sich Stärke und Leid ergänzen, ja sogar, dass Schicksalsschläge Menschen erst stark machen und dies keine Gegensätze sein müssen!

Mein Highlight des Tages war allerdings im Anschluß an die Kundgebung, als wir uns mit gut 20 Leuten noch im „Rheingarten“ in den Rheinauen zum gemütlichen Beisammensitzendemo4 getroffen haben, obwohl ich das eigentliche Highlight des Highlight verpasst habe… Es gab wohl beschwerden bei diesem Gastronomiebetrieb, dass wir auf deren Terasse Cannabis konsumieren, daher ist kurz nachdem meine Beifahrer und ich den Rückweg angetreten haben, die Polizei dort eingetrudelt. Darauf folgte eine spontane Fortsetzung der Demo vom nachmittag, Festnahmen gab es keine. 🙂 Ich möchte hier niemandem einen Vorwurf machen, der Gastroberieb hatte nach mehrfachen Beschwerden warscheinlich keine andere Wahl und musste die Situation über die Polizei klären lassen und auch den Leuten die sich beschwert haben, kann ich das nicht verübeln, schließlich war das quasi der erste legale Flash-Smoke in Deutschland! 😉 Um 23 Uhr war ich nach einem langen, anstrengenden aber sehr schönen Tag wieder zuhause …

Hier gibts noch die Pressemitteilung der ACM zu der Kundgebung im Hanf Journal!

Diagnose Epilepsie: Gericht verurteilt Studenten wegen Eigenanbau von Cannabis zu 1800€ Geldstrafe

Heute erreichte mich das Urteil eines Patienten aus Berlin, der am 29.04.2013 zu 120 Tagessätzen á 15 € verurteilt wurde, da er seine Medizin zuhause selber angebaut hat. Am 10. Dezember 2010 wurden bei einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung Pflanzen mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von 12,99 g THC sichergestelt. Die Krönung des Ganzen ist, dass die Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil bereits Berufung eingelegt hat, da sie es als zu mild empfindet!

Der 26-jährige Student leidet seit seinem neunten Lebensjahr an Epilepsie und war in diesem Verfahren der Meinung, dass er sich im rechtfertigenden Notstand befinde, da er im Verlauf der Erkrankung schon einige Medikamente ausprobiert habe, diese aber alle erheblichen Nebenwirkungen hätten. Nach einem Gutachten und einem Gegengutachten war das Gericht zwar der Auffassung, dass dieser Patient den Cannabis ausschließlich zu therapeutischen Zwecken angebaut habe, es teile allerdings nicht seine Meinung, dass ein rechtfertigender Notstand vorläge, da der 26-jährige noch nicht alle für seine Erkrankung in Frage kommenden Medikamente getestet hätte. Außerdem konnte er nicht nachweisen, dass er sich schon die Mühe gemacht hat, eine Ausnahmegenehmigung bei der Bundesopiumstelle zu beantragen, was er damit begründete, dass die Hürden dafür zu hoch sind und er keine Kraft für den Aufwand hat.

Ich habe diesen Patienten beim Expertengespräch im Bundeskanzleramt als einen mehr als netten und hilfsbereiten Menschen kennengelernt, aber man merkte ihm auch deutlich an, wie sehr ihm seine Erkrankung zu schaffen macht. Es war interessant zu sehen, wie der Konsum von Cannabis ihn positiv beenflusst hat, bei mir ist es für einen Außenstehenden nicht so einfach zu erkennen… Aber KRIMINELL ist er mit Sicherheit nicht!!!

Ich wünsche ihm weiterhin das Allerbeste und freue mich riesig, dass er den weiten Weg in Kauf nimmt und am Donnerstag von Berlin aus zur Kundgebung von ACM und SCM nach Bonn kommt! Mittlerweile hat dieser Patient einen Arzt gefunden, der ihn bei seiner Ausnahmegenehmigung unterstützt! Dafür musste er allerdings auch knapp 500 km weit fahren… Jetzt ist er bei Dr. Franjo Grotenhermen in Behandlung und das Antragsverfahren steht kurz bevor!

20. Juni 2013 in Bonn: Kundgebung „Menschenrechte von Cannabispatienten achten!“

Jetzt ist es noch genau eine Woche und ich habe schon in den öffentlichen Netzwerken und in einigen Foren geworben, aber hier im Blog fehlt noch ein Artikel zu der Kundgebung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) und des Selbsthilfenetzwerk-Cannabis-Medizin (SCM) unter dem Motto „Menschenrechte von Cannabispatienten achten“! Die letzten Vorbereitungen dafür laufen auf Hochtouren und ich werde nächste Woche auch in Bonn mit dabei sein. Für alle wichtigen Informationen rund um diese Kundgebung hier nochmal die Presseerklärung der ACM und der Aufruf des SCM!

Ich selber war in die Vorbereitungen der Kundgebung nicht direkt involviert, aber ich habe im letzten Jahr eindrucksvoll mitbekommen, wie intensiv und stressig die Planung so einer Kundgebung ist, deshalb möchte ich unbedingt nochmal an alle Unentschlossenen appellieren: Rafft Euch auf und kommt nächste Woche auf den Platz vor der Bundesopiumstelle in Bonn!!!

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Expertengespräch im Bundeskanzleramt

Am 20. März diesen Jahres fand im Bundeskanzleramt ein Expertengespräch zum Thema Cannabis statt. Dieses Expertengespräch kam im Rahmen des Zukunftsdialogs zustande, den Bundeskanzlerin Merkel 2011 ins Leben gerufen hat und bei dem der deutsche Hanfverband mit seiner Forderung nach einem regulierten Markt für Cannabisprodukte den ersten Platz belegen konnte.

Ich hatte die Möglichkeit als einer von vier Helfern von Dr. Grotenhermen – einem der geladenen Experten –  dieses Gespräch zu verfolgen. Außer mir hatten zwei weitere Helfer eine Ausnahmegenehmigung zur Verwendung von Cannabisblüten und so waren die Polizeibeamten am Eingang des Kanzleramts, nachdem wir uns als „Cannabispatienten“ ausgewiesen hatten, auch sehr zuvorkommend und ließen uns vor der Sicherheitskontrolle noch in Ruhe unsere Medizin (in Form von Joints) konsumieren. Auch als einer von uns (am Steuer) dann gemeinsam mit einem Polizeibeamten und Dr. Grotenhermen auf das Gelände des Bundeskanzleramts gefahren ist, gab es keine Probleme mit der Polizei, genau wie es für Patienten, die gut auf Ihr Medikament eingestellt sind, auch sein sollte.

An dem Expertengespräch nahmen Angestellte des Bundeskanzleramts und mehrere Experten Teil. Mit einem Zeitraum von 3 Stunden war die Zeit gut bemessen, sodass in einer weitestgehend angenehmen Atmosphäre diskutiert werden konnte und alle Experten ausreichend zu Wort kamen. Es wurden unter Anderem der rechtliche Status von Cannabis, die gesundheitlichen Gefahren im Vergleich zu anderen illegalen und legalen Substanzen, Cannabis im Straßenverkehr, Cannabisprodukte in der Medizin sowie die Behandlung und Prävention problematischen Konsums besprochen. Weitere Informationen bezüglich des Gesprächsinhalts gibt es hier auf der Seite der IACM.

Bei diesem dreistündigen Gespräch gab es eine Pause, die wir Patienten natürlich genutzt haben, um unsere Medizin einzunehmen. Die Mitarbeiter des Kanzleramts haben uns extra eine Seitentür geöffnet, damit wir nicht durch das ganze Gebäude laufen mussten. Überall waren Polizeibeamte, aber die Frage, ob Sie ein Foto von uns machen würden oder ob Sie mit einem von uns aufs Foto wollen, haben Sie alle verneint… das ging dann wohl doch zu weit 🙂 Einen weiteren Höhepunkt hatte das Expertengespräch nach der Pause dann noch, als sich einer von uns Helfern in das Gespräch eingeschaltet hat und die Experten und Mitarbeiter des Bundeskanzleramts Ihn in aller Ruhe haben ausreden lassen und danach ausführlich auf die Aussagen von Ihm eingegangen sind. Das hätte ich nicht gedacht und war ein kleines bisschen beeindruckt 😉

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